IFLA 2011 revisited

Der IFLA-Kongress 2011 in San Juan, Puerto Rico, war für mich geprägt durch die vielfältigen Aktivitäten der New Professionals Special Interest Group (NPSIG) und eine Reihe von Sessions und business meetings, die für mich als Convenor dieser Gruppe auf dem Programm standen.

Trotz viel zu kalt eingestellter Klimaanlange verlief das Caucus-Meeting der deutschsprachigen Teilnehmer u. a. mit Neuigkeiten vom IFLA-Nationalkomitee und Kurzberichten aus den IFLA-Gremien wie immer angenehm entspannt. Sogar IFLA-Präsidentin Ellen Tise schaute kurz vorbei und bedankte sich für die Unterstützung in den vergangenen zwei Jahren ihrer Amtszeit. Beim Überblick über die Aktivitäten deutscher Kollegen innerhalb der Sektionen und Special Interest Groups fiel auf, wie enorm viele Posten diese zur Zeit eigentlich besetzen.

Zu Beginn jeder IFLA-Konferenz findet für die vielen Erstteilnehmer mit der Newcomers Session eine ganz spezielle Veranstaltung statt. In lockerer Atmosphäre geben Personen aus unterschiedlichsten Bereichen des Verbands einen Einblick in die Welt von IFLA, speziell in den Ablauf und die Besonderheiten eines IFLA-Kongresses. Nebenbei erzählen sie auch von ihren eigenen Erfahrungen auf IFLA-Terrain. Die Session soll den „First Timers“ vor allem praktische Tipps an die Hand geben, wie man sich als Neuling auf einem IFLA-Kongress am besten organisiert und die vielen Chancen auf interessante Kontakte effektiv nutzen kann. Da erfahrungsgemäß viele Studierende und Berufseinsteiger in dieser Session zu finden sind, passte es gut, dass ich in diesem Jahr ein bisschen aus der Perspektive eines Studenten auf IFLA erzählen und die Aktivitäten der NPSIG vorstellen konnte (Titel: „The New Professionals at the congress… focus on the young at heart“). Nach der Session kamen dadurch auch gleich ein paar sehr angeregte Gespräche mit Leuten aus dem Publikum zustande.

Ein Highlight für mich in diesem Jahr war ohne Frage die Off-site Session der NPSIG, auf die wir innerhalb unserer Gruppe schon seit Ende 2010 hingearbeitet hatten. Nach so viel Vorbereitung macht es mir immer am meisten Spaß, solch eine Session vor Ort zu organisieren (in diesem Fall hieß das auch: zu moderieren) und zu sehen, wie die Ideen und das Programm in der Umsetzung funktionieren. Unter dem Titel “New Professionals beyond New Professionals – skills, needs and strategies of a new generation of LIS professionals” gab es für die ca. 40 Teilnehmer ein abwechslungsreiches Programm mit vielen Möglichkeiten zu Austausch und Vernetzung untereinander.

Teilnehmer der Off-site Session

Teilnehmer der NPSIG Off-site Session

Nach der Begrüßung und einigen Dankesworten eröffnete IFLA-Past President Claudia Lux die Session mit ihrer Keynote „Change – change – change“ und gab darin zugleich Rückblick, Momentaufnahme und Ausblick auf das Berufsbild „LIS professional“ und immer wiederkehrende Herausforderungen im Informationsalltag. Beim anschließenden speed networking waren die Teilnehmer zum ersten Mal aktiv gefragt: Angelehnt an das speed dating bildeten wir zwei große Stuhlkreise, in denen sich die Teilnehmer paarweise gegenübersaßen. Innerhalb einer Runde hatten diese dann drei Minuten Zeit, um sich kurz mit ihrem Gegenüber auszutauschen, bevor die Plätze gewechselt wurden. In den folgenden 30 Minuten hatte auf diese Weise jeder in der Runde die Möglichkeit, mit fünf verschiedenen Personen zu networken. Das Konzept hat wunderbar funktioniert: Alle hatten sichtlich Spaß an diesem neuen Format und konnten ganz spielerisch viele Kontakte untereinander knüpfen.

In der zweiten Hälfte der Session präsentierten vor Allem New Professionals in insgesamt 12 Kurzvorträgen ein breites Spektrum an Themen, ausgerichtet an den fünf Schwerpunkten unseres Calls for Papers. Dazu gehörten zum Beispiel Erfahrungsberichte über die Arbeit mehrerer Generationen am Arbeitsplatz oder die Integration von Web 2.0 in eine Universitätsbibliothek, best practices über eine Summer School für junge rumänische Bibliothekare und das „Knowledge River Model“, praktische Hilfestellungen zu Jobsuche und Arbeitseinstieg oder auch eher allgemeinere Betrachtungen über den „Community Manager in Libraries“ und Schlüsselkompetenzen von LIS Professionals im 21. Jahrhundert.

Auch in diesem Jahr lud Ingrid Parent wieder zur President-Elect Planning Session ein, um das Motto ihrer anstehenden IFLA-Präsidentschaft mit den Teilnehmern zu diskutieren. Lautete der Arbeitstitel ihres Presidential Themes beim IFLA-Kongress 2010 in Göteborg noch “Libraries shape our future”, so hatte Parent es inzwischen aufgrund von Anregungen der damaligen Planning-Session und weiterer Treffen in “Libraries – A force for change“ umformuliert. Nicht verändert hatten sich hingegen die vier Unterthemen, nach denen Bibliotheken Menschen und ihre Gesellschaft vor allem dadurch prägen, dass sie inclusive, transformative, innovative und convergent sind.

President-Elect Planning Session

President-Elect Planning Session

Bevor die Teilnehmer in Gruppendiskussionen ihre eigenen Sichten auf diese vier Bereiche und das übergreifende Motto diskutierten, gaben vier Gastredner zu jeweils einem Thema einige Denkanstöße aus ihrem Arbeitsumfeld heraus. Ich durfte mich dabei mit dem Themenblock Innovation auseinandersetzen. Unter dem Titel „Outreach to New Professionals and their inclusion in the IFLA network from the NPSIG perspective“ gab ich einen Einblick in die Arbeitsweise unserer Special Interest Group und erläuterte anhand von Beispielen, wie wir durch den intensiven Einsatz verschiedener social media-Angebote dazu in der Lage sind, New Professionals weltweit zu erreichen und zur Mitarbeit in unserer Gruppe zu gewinnen. Die drei weiteren Redner gaben beeindruckende Einblicke in die speziellen bibliothekarischen Herausforderungen im Hinblick auf das Kulturgut der Maori in Neuseeland (Anahera Morehu), die Informationsversorgung der Menschen in Kenia (Richard Atuti) sowie die Gestaltung multikultureller Programme durch die Queens Library in New York City (Loida Garcia-Febo). Zur Auswertung der Gruppendiskussionen bleibt festzuhalten, dass das neuformulierte Presidential Theme „Libraries – A force for change“ breite Zustimmung unter den Teilnehmern fand.

ausgelassene Stimmung beim MLAS Standing Committee

ausgelassene Stimmung beim MLAS Standing Committee

Als Convenor der NPSIG bin ich automatisch auch Beisitzer oder sogenannter observer, wenn das Standing Committee unserer sponsoring section, der Management of Library Associations Section (MLAS), tagt. Im Rahmen der beiden Treffen in San Juan wurde in einer vollbepackten Agenda viele Dinge besprochen und festgelegt, darunter Berichte von Konferenzen und Arbeitstreffen des letzten Jahres, die Umsetzung des Strategic Plans von IFLA durch MLAS sowie Pläne für das kommende Mid-Termin Meeting in Berlin und die MLAS Session beim IFLA-Kongress 2012 in Helsinki (im kommenden Jahr werden MLAS und NPSIG gemeinsam eine Session organisieren). Bei der Wahl der Standing Committee Officers wurde Gerald Leitner zum neuen Chair der Sektion ernannt und löst damit Janice Lachance nach ihrer zweiten Amtszeit ab. Silvia Stasselova bleibt der Sektion für weitere zwei Jahre als Secretary erhalten. Zum dritten Mal kam das Standing Committee noch einmal Ende der Woche zum gemütlichen social dinner in Old San Juan zusammen.

IFLA Communicator of the Year 2011: NPSIG!

IFLA Communicator of the Year 2011: NPSIG!

Generell waren das Interesse an New Professionals und den Aktivitäten der NPSIG sowie der Zuspruch aus verschiedensten Richtungen innerhalb IFLAs in diesem Jahr immens, manchmal geradezu überwältigend. Krönung des Ganzen war die Verleihung des IFLA Communicator of the Year Awards 2011 an die NPSIG bei der Closing Session. Die oben besprochenen Sessions und viele Gespräche zwischendurch führten zu interessanten Anfragen zur Zusammenarbeit, Einladungen zu Vorträgen oder der Frage nach Unterstützung bei der Förderung und Einbeziehung vom bibliothekarischen Nachwuchs in IFLA und nationale Bibliotheksverbände. Letzteres wurde beim National Associations Meeting im Plenum durchaus auch kritisch besprochen, als es um den Stand der Dinge bei IFLA ging. Sicherlich gibt es noch viel zu tun, um neue und jüngere Köpfe besser in die Aktivitäten und Gremien von IFLA zu integrieren. Ich sehe allerdings in diesem Jahr schon viele gute Ansätze dazu, zum Beispiel durch das aktive Einbeziehen von Studierenden in das IFLA Presidential Meeting, den Ausbau des Adopt a Student-Programms oder auch einigen konkreten Fällen in anderen Sektionen, in denen diese Einbeziehung schon erfolgreich praktiziert wird. Mit dem International Librarianship Leadership Development Programme als einer von fünf Kernaktivitäten von IFLA in 2011-2012 steht ein weiteres vielversprechendes Projekt in den Startlöchern. Und schließlich tun wir mit der NPSIG alles, was wir können, um diesen Prozess zu unterstützen! Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt und zuversichtlich, was das kommende Jahr und den IFLA-Kongress 2012 in Helsinki angeht!

Puerto Rico - wunderschönes und vielfältiges Land!

Puerto Rico – wunderschönes und vielfältiges Land!

(Der Bericht wurde anlässlich des IFLA-Stipendiums von BI-International geschrieben und ist zusammen mit denen der anderen Stipendiaten in leicht veränderter Form demnächst auch hier zu finden.)

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