Am vergangenen Wochenende hatte ich die schöne Gelegenheit, eine Freundin in Oxford zu besuchen. Obwohl sich das Wetter mit viel Regen leider eher von seiner typisch britischen Seite zeigte, habe ich doch eine Menge Sightseeing gemacht und dabei auch die ein oder andere Bibliothek besucht. Am Sonntag und Montag war noch Zeit für Tagesausflüge nach Stonehenge und London. Von dem ganzen Touristenprogramm mal abgesehen hat mich auch das Essen ziemlich begeistert, aber dazu später mehr… 😉
Oxford – “a bookish kind of place”
Bei dem Namen “Oxford” denken die meisten wahrscheinlich als erstes an die weltbekannte Universität dort und an die Rivalität dieser zur University of Cambridge. Wenn man in Oxford unterwegs ist, merkt man alleine durch das Stadtbild tatsächlich an allen Ecken und Enden, dass man sich in einer Universitätsstadt aufhält: Denn Studieren in Oxford heißt nicht nur, an der University of Oxford eingeschrieben zu sein, sondern gleichzeitig Mitglied an einem von insgesamt 38 Colleges zu werden, die sich alle über die Stadt verteilen. Da diese Colleges in der Regel über sehr viel Geld und eine Jahrhunderte alte Geschichte verfügen, residieren sie in entsprechend prunkvollen Gebäudekomplexen mit eigenen Wohnhäusern, Bibliotheken sowie durch ihren häufig klerikalen Hintergrund auch Kirchen und Klostergängen. Verbunden mit einer starken Tradition und vielen Ritualen aus früheren Zeiten (+ Kleidungskodex, Wappen usw.) mag einem das zwar manchmal als etwas abgehoben erscheinen – oder wie der Lonely Planet an einer Stelle augenzwinkernd kommentiert:
Oxford is a conservative, bookish kind of place where intellectual ideals are the common currency and pursuit of excellence the holy grail.
Aber auf der anderen Seite macht es auch viel Spaß, diese besondere Umgebung zu erkunden und die Atmosphäre der Colleges auf sich wirken zu lassen. Normalerweise dürfen nur Studenten das Gelände und die Einrichtungen der Colleges betreten. Wenn man jedoch altersmäßig nicht ganz aus dem Rahmen fällt und sich nicht allzu touristisch verhält, kann man durchaus mal einen Blick ins Innere riskieren, ohne gleich vom Pförtner zurückgerufen zu werden… 😉
Christ Church College – Auf den Spuren von Harry Potter und Alice im Wunderland
Eines der wohlhabendsten seiner Art ist das Christ Church College, dessen riesige Anlage man gegen Eintritt sogar ganz offiziell besuchen kann. ^^ Highlights des Rundgangs sind die Christ Church Cathedral und der Speisesaal des Colleges.
Während die Kathedrale als Kirche des Bistums Oxford fungiert und das Zu Hause des berühmten Christ Church Cathedral Choir ist, kommen gerade in den letzten Jahren haufenweise Besucher, um sich die Dining Hall des Colleges anzugucken. Auf genau diese geht nämlich der Speisesaal aus Hogwarts in sämtlichen Harry Potter-Filmen zurück…
Auch der Vorraum des Speisesaals samt Treppenabsatz kam in einigen Szenen zum Einsatz…
Übrigens ist die Dining Hall auch noch für eine weitere literarische Figur von großer Bedeutung: Mehrere Details wie eines der Fenster oder die Kaminverzierungen weisen auf Alice im Wunderland hin. Der Autor des Buches, Lewis Carroll alias Charles Dodgson (1832-1898), war lange Zeit als Lehrer am Christ Church College tätig. Da ist es eigentlich kein Wunder, dass man einzelne Anekdoten und Persönlichkeiten aus dem Lehrbetrieb in den Erzählungen um Alice wiederfinden kann… Selbst die Figur der Alice besitzt mit einer der Töchter des College-Direktors ein reales Vorbild.
The Bodleian Library
Wenn ihr mal in Oxford seid, solltet ihr unbedingt an einer extended library tour durch die Bodleian Library teilnehmen. Das kostet zwar stolze 12 Pfund, man bekommt dafür aber eineinhalb Stunden lang sehr interessante Einblicke in die Hauptbibliothek der University of Oxford, welche bibliothekarisch und architektonisch eine der reizvollsten Bibliotheken der Stadt ist. Außerdem hatte es unser tour guide, ein älterer Herr um die 70, erzähl- und unterhaltungstechnisch einfach drauf. 😉
Die Geschichte der Bibliothek geht bis ins 15. Jahrhundert zurück. Davon zeugen noch heute die beiden Herzstücke der Bodleian Library: die Divinity School (ein alter Unterrichtsraum, übrigens ebenso Drehort für Harry Potter^^) und die darüber gelegene Duke Humfrey’s Library. Als die ursprüngliche Bibliothek aufgrund finanzieller Probleme der Universität schon vor dem Aus stand, kam Sir Thomas Bodleian (1545–1613), ein Alumnus der Uni Oxford, zu Hilfe und kümmerte sich fortan mit Zeit, seiner Privatbibliothek als Starthilfe und immensem Kapital um die Wiederherstellung und Erneuerung der Einrichtung, deren Namen sie ihm daher auch verdankt.
Bodleian war nicht nur ein großzügiger Mäzen, sondern auch ein ausgesprochener Innovator. Er arbeitete zum Beispiel 1610 eine Vereinbarung mit der Stationers’ Company of London aus, wonach die Bodleian Library ein Exemplar sämtlicher dort verzeichneter Publikationen zugesprochen bekam: Somit besitzt die Bodleian Library das Pflichtexemplarsrecht unter den momentan sechs festgelegten Bibliotheken Großbritanniens und Irlands am längsten (mehr dazu auch hier). Diese Vereinbarung hatte natürlich weitreichende Folgen für das Wachstum der Bibliotheksbestände. So mussten im Laufe der Zeit immer wieder neue Gebäude angebaut oder ergänzt werden, um dem Platzbedarf für Bücher und Leser gerecht zu werden.
Nur kurz nach Bodleians Tod wurde die Bibliothek zum Beispiel um diesen Bau erweitert. Dass das Old Schools Quadrangle auch als Unterrichtsort benutzt wurde, kann man heute noch an den Anschlägen über den Eingängen erkennen, welche auf die verschiedenen unterrichteten Fächer hinweisen…
Einen weiteren wichtigen Zuwachs stellte 1860 die Radcliffe Library dar, die noch im selben Jahr in Radcliffe Camera umbenannt wurde. John Radcliffe, ein sehr erfolgreicher Arzt seiner Zeit, hatte sich mit diesem spektakulären Rundbau eines von mehreren Denkmälern gesetzt.
Heutzutage umfassen die Bestände der Bodleian Library mit all ihren Gebäuden und Zweigstellen über 9 Millionen Einheiten. Dabei handelt es sich um reinen Präsenzbestand. Die Standorte des Hauptkomplexes, also zum Beispiel alle bereits erwähnten Gebäude, sind nicht nur auf ebener Erde zu erreichen, sondern auch unterirdisch über ein Tunnelsystem und mehrere Etagen Magazin miteinander verbunden. Dieser Bereich der Bibliothek war natürlich auch Bestandteil der Führung. Irgendwie fühlte ich mich dabei zeitweise an einen anderen Ort zurückversetzt… 😉 Auf dem folgenden Foto gehören die Leitungen an der rechten Wand übrigens zum hauseigenen Rohrpostsystem – für den “schnellen” Transport von Bestellzetteln…
Im Vergleich zu den Gebäuden der Bibliothek kommt einem der Gang durch die ca. 1910 eingerichteten Magazine unter der Radcliffe Camera wie ein krasser Stilbruch vor. Andererseits ist man fasziniert, weil die stählernen Regalreihen, welche ein gewisses Bahnhofsflair aufkommen lassen, ziemlich ungewöhnlich wirken: Anfang des 20. Jahrhunderts gehörten sie zu einem der ersten modernen Kompaktmagazine weltweit. Die einzelnen Regale hängen in der Decke und werden per Hand an den kreisförmigen Löchern herausgezogen…
Es stehen auch schon größere Pläne für die nahe Zukunft an. Wie uns während der Führung erzählt wurde, sollen in den nächsten Jahren mit Hilfe von Sponsorengeldern u. a. Teile des jetzigen Magazins in Freihandbereiche ungewandelt und dabei grundsaniert werden.
Wenn Studierende in Oxford also nach Literatur suchen und in ihren Colleges nicht fündig werden, bleibt ihnen mit der Bodleian Library eine wirklich gute Adresse, welche zumindest landesweit alle Publikationen vorrätig haben sollte. Und man kann sogar sicher sein, dass das gesuchte Buch (zumindest) nicht ausgeliehen ist. Was will man mehr?… 😉
Kulinarisches
Die Tage in Oxford hatten auch Kulinarisch so einiges zu bieten. Dabei gab es eindeutig zwei Schwerpunkte: 1. deftige, rustikale Küche; 2. eine ausgeprägte Coffeeshoplandschaft mit unglaublich gute Nachspeisen. Doch erst einmal zur wichtigsten Entdeckung meiner Reise: Cornish Pasties. Dabei handelt es sich um eine Blätterteigpastete, gefüllt mit einer gut gewürzten Mischung aus kleingeschnittenen Steaks, Kartoffeln, Steckrüben und Zwiebeln. Also vom Geschmack her eigentlich wie ein guter Kohlrübeneintopf… als Fastfood in Pastetenform jedenfalls sensationell gut! Verkauft werden die Pasties an vielen Stellen, ich habe sie mir immer beim gut besuchten Stand der West Cornwall Pasty Co. geholt.
Es gibt dort eine große Auswahl an Füllungen, u.a. Steak & Stilton, Pork & Aple, Cheese & Mushroom oder Wholemeal Vegetable, ich bin aber immer bei der oben beschriebenen Traditional Pasty geblieben.
Es ist jetzt fünf Tage her seit meiner letzten Pasty… langsam bekomme ich Entzugserscheinungen… sollte ich mir Gedanken machen?… 😉
Mitten in der Altstadt von Oxford lohnt sich ein Besuch des Covered Market, einer großen Markthalle, die komplett im Inneren eines Häuserblocks untergebracht und über mehrere eher unauffällige Eingänge zu erreichen ist. Hat man das Netz aus Marktständen, Feinkostgeschäften, Restaurants und Imbissen einmal betreten, bleiben kaum noch Wünsche offen: Man kann sich einfach treiben lassen und nach Herzenslust rumstöbern – gerade nach einem anstrengenden Sightseeingprogramm oder bei Regen eine willkommene Abwechslung.
In dem Bild ist auf der linken Seite Ben’s Cookies zu sehen, wo es ofenwarme Kekse mit flüssiger Schokofüllung und vielem mehr zu kaufen gibt. Ein Stück weiter sollte man bei Moo-Moo’s vorbeischauen: Der Stand im Hello-Kitty-Style bietet einen riesigen Baukasten aus gewöhnlichen bis besonderen Zutaten an, aus denen man sich seinen Wunschmilchshake selber zusammenstellt. Oder man sucht sich einen von mehreren Smoothies aus. Aber auch, wenn man nicht auf der Suche nach süßen Snacks ist, sondern für den Wocheneinkauf hergekommen ist, wird man im Covered Market bestimmt fündig. Soll es zum Beispiel ein ordentliches Stück Geflügel für den nächsten Sonntagsbraten sein? Kein Problem… ^^
Auch außerhalb der Markthalle lässt es sich ganz gut aushalten, zum Beispiel in einem der unzähligen kleinen Cafés und Coffeeshops, die zusätzlich zu bekannten großen Ketten in den Straßen Oxfords ansässig sind. Diese Orte sind es denn auch, wo man so leckere Sachen wie Apple Crumble, Cheesecake, Scones, Carrot Cake und viele andere mächtige Nachspeisen bekommt. Ein Wort dann doch noch zu einer Kette: Ausgerechnet auf dem Gelände des Oxford Castle (Führung lohnt sich übrigens!) stand ich auf einmal vor einer kleinen Filiale von Krispy Kreme Doughnuts – ich wusste gar nicht, dass das amerikanische Unternehmen mittlerweile in Europa zu finden ist.
Auch nach einem halben Jahr und zwei weiteren Donuts hat sich meine Meinung nicht geändert – Krispy Kreme schmeckt immer noch viel besser als Dunkin’ Donuts. 😉
Natürlich durften im Laufe des Wochenendes auch die obligatorischen fish & chips nicht fehlen. Außerdem waren wir u. a. noch indisch und chinesisch essen. Wenn ich dauerhaft in Oxford leben würde, würde ich wahrscheinlich rapide zunehmen. Aber ein verlängertes Wochenende hält man ja gerade so noch aus. Umso besser, dass ich so viel unterwegs war, denn der harte Sightseeingalltag verbraucht auch ganz schön Kalorien. ^^
Stonehenge
Eineinhalb Autostunden südwestlich von Oxford entfernt liegt das sagenumwobene Stonehenge. Die Ankunft empfand ich erstmal als etwas surreal: Wenn man wie wir die Straße aus östlicher Richtung nimmt, erscheint der Steinkreis nach einer leichten Steigung der Straße auf einmal im Blickfeld. Man gelangt überraschend nah an den Steinen vorbei zum Parkplatz, wo auch schon viele andere Autos stehen und ganze Busladungen von Touristen abgeladen werden. Dann bezahlt man seinen Eintritt, läuft vorbei an Souvenirshop und Imbissstand, die sich in Baucontainer-ähnlichen Ständen befinden, greift sich noch einen der Audioguides, durchquert die Straßenunterführung… und nach der reichlich touristischen Eröffnung steht man dann plötzlich vor dem mehrere tausend Jahre alten Steinkreis…
Auf den ersten Blick wirkte die Steinansammlung kleiner als ich mir sie vorgestellt hatte. Na gut, man hat vielleicht auch eine eher vage Vorstellung von Stonehenge, bevor man den Ort nicht gesehen und sich damit aktiv auseinandergesetzt hat.
Anfangs will nicht so richtig Atmosphäre aufkommen, weil erstmal alle Anwesenden ihre Kameras zücken und viele Fotos machen. Aber das ist ja auch nur allzu verständlich, ich will uns da nicht ausnehmen. 😉 – Zumal der Beginn der abgesteckten Runde um den Steinkreis am nächsten an der Formation vorbeiführt. Doch spätestens, wenn sich der Besucherstrom so langsam verstreut und der Weg mehr Abstand vom Objekt gewinnt, wird einem klar, dass die besondere Atmosphäre von Stonehenge erst durch die Weite der Umgebung richtig wirken kann.
Denn die Formation als solche wird am besten erst aus einer gewissen Entfernung sichtbar. Außerdem bildet sie in dieser sonst leeren Gegend einen auffälligen Fixpunkt.
Am Rande des Weges befinden sich immer wieder Stationen für den Audioguide, die unterschiedliche Aspekte rund um Stonehenge beleuchten. Dabei geht es um den möglichen Zweck des Ortes (kultisch, astronomisch usw.), die genaue Anordnung der Steine, Bautechniken oder auch Mythen, die sich um Stonehenge ranken. So existieren nicht nur Legenden, nach denen der Teufel höchstpersönlich für den Steinkreis verantwortlich ist, sondern auch Verschwörungstheoretiker haben natürlich schon ihre Meinung zum Ursprung der Formation abgegeben, sie sei angeblich das Werk von Außerirdischen (die Kornkreise lassen grüßen^^).
Der Ort ist auf jeden Fall sehenswert. Wenn man genügend Zeit mitbringt, geht man nach dem Umrunden des Steinkreises vielleicht noch auf Erkundungstour: Es gibt nämlich in der weiteren Umgebung noch andere Relikte aus alter Zeit, die allerdings nicht immer so einfach zu erkennen sein sollen. Ein Blick auf das Satellitenbild verschafft einem einen gewissen Eindruck von der Anlage. Doch da das Wetter an diesem Tag ausnahmsweise richtig schön war, haben wir uns am frühen Nachmittag wieder auf den Weg nach Oxford gemacht, damit ich die Altstadt an meinem letzten Abend auch mal mit untergehender Sonne genießen konnte. 😉
London – zwei außergewöhnliche Bibliotheken auf der Durchfahrt
Am Abreisetag ging es für mich mit dem Bus nicht sofort zum Flughafen (London-Stansted), sondern erstmal nach London, wo ich noch einen halben Tag Zeit für Sightseeing zur Verfügung hatte. Da ich bei meinem ersten kurzen Besuch der Stadt an der Themse vor sechs Jahren noch nicht einmal wusste, dass ich irgendwann einmal Bibliothekswissenschaft studieren würde, standen damals verständlicherweise noch andere Sehenswürdigkeiten auf dem Programm. Doch mittlerweile sah die Sachlage ja anders aus, so dass ich bei zwei sehr interessanten Bibliothekstandorten vorbeischauen konnte. Dabei hatte ich jedoch nicht sehr viel Zeit, weshalb ich mich im Folgenden jeweils nur auf einige Aspekte beschränke, die mir bei meinen Besuchen aufgefallen sind.
The British Library – The world’s knowledge
Von Außen macht das Haupthaus der British Library nicht gerade den Eindruck, als ob man vor einer Nationalbibliothek stünde. Man würde hinter der modernen Fassade des 1998 eröffneten Gebäudes vielleicht eher ein Museum für zeitgenössische Kunst oder gänzlich anderes vermuten…
Auch durch das Foyer zieht sich das robuste Design mit einfachen Formen und dem etwas kühlen Backstein fort…
Doch weiter hinten geht die Eingangshalle in einen weitaus gemütlicheren Bereich mit vielen allgemeinen Arbeitsplätzen auf mehreren Etagen über…
Besonders gefallen haben mir die Möbel, auf denen man scheinbar alles von Laptop bis Kaffee abstellen kann, ohne dass der Sitzkomfort irgendwie beeinträchtigt würde…
Habe ich eben von Kaffee gesprochen – in der Bibliothek?! Ganz genau: Hinter dem King’s Library Tower, dem architektonischen Herzstück des Raums, wartet nämlich ein großes Café auf die Leser… sehr sympathisch, finde ich…
Doch nach dem äußeren Erscheinungsbild jetzt noch ein bisschen Inhalt: Die British Library ist neben der Library of Congress sicherlich eine der bekanntestesten und bedeutendsten Nationalbibliotheken weltweit. Dementsprechend prestigeträchtig ist ihre Sammlung. Die Highlights daraus sind besucherfreundlich in der Dauerausstellung Treasures of the British Library präsentiert. So erhält man bei einem Rundgang durch die abgedunkelten Räume Einblicke in besonders wertvolle Exponate verschiedenster Themenbereiche wie den Codex Sinaiticus, die Magna Carta, zwei Gutenberg-Bibeln, aber auch Autografe von Leonardo da Vinci, Jane Austen und Georg Friedrich Händel bis hin zu Songtexten von den Beatles. Was in diesen Vitrinen wohl für ein Geldwert schlummert? 😉 … wahrscheinlich kaum zu beziffern.
Neben den dauerhaften gibt es auch wechselnde Ausstellungen im Angebot, momentan zum Beispiel die beiden wirklich ansprechend konzipierten Points of View – Capturing the 19th Century in Photographs und In a Bloomsbury Square: T.S. Eliot the Publisher. Man kann also alleine auf diesem Gebiet wirklich viel in der British Library entdecken. Und sollte es einem irgendwann einmal zu viel werden, holt man sich einfach einen großen Latte Macchiato und lässt es sich im Café bei guter Aussicht auf das Bibliotheksgeschehen gut gehen… ^^
Idea Stores – Library Learning Information
Die sogenannten Idea Stores existieren erst seit wenigen Jahren: Der erste Store wurde 2002 eröffnet, mittlerweile gibt es vier Einrichtungen dieser Art. Grundidee des vor rund 10 Jahren vorgelegten Konzepts war es, traditionelle Bibliotheksdienstleistungen aufzugreifen sowie zu modernisieren (“library renewal”) und diese mit lebenslangem Lernen (“lifelong learning”) und einer ausgeprägten Arbeit in den lokalen Communities (“community renewal”) zu verbinden. Im Strategiepapier liest sich das so:
The Idea Store proposals are designed to draw all three themes together in a way that captures the best traditions of the library movement and the education sector but presents them in an exciting way, one that draws in new users and retains existing users. The Idea Stores will also be located in a different way – at the heart of our neighbourhood shopping centres, near or beside supermarkets wherever possible. We want a visit to the library and lifelong learning centres to become a regular part of people’s lives – to act as a focus as well as a resource for the whole community. The Idea Stores will engage people our current facilities don’t reach.
Damit erinnert mich das Konzept übrigens sehr an die Erfahrungen, die ich in diversen Public Libraries in New York, vor allem in Queens gemacht habe, wo ebenfalls ein besonderer Akzent auf die Communityarbeit und ein starkes Fortbildungsangebot gesetzt wird. Doch was die Idea Stores angeht, spielt in der Tat die Präsentation eine ganz besondere Rolle, wie ich bei meinem kurzen Besuch der großen Filiale Whitechapel selbst erleben konnte.
Das markante Gebäude steht nicht für sich alleine, sondern ist in einer wirklich stark frequentierten Gegend erbaut worden. Nicht nur befindet sich direkt hinter dem Idea Store eine riesige Sainsbury’s-Filiale, auch vor dem Gebäude waren zumindest am letzten Montag richtig viele Leute unterwegs: Die gesamte Whitechapel Road war nämlich mit Ständen eines Wochenmarkts gepflastert.
Im Gebäude angekommen, dominieren freundliche Farben und ein frisches Design. Hier sehr ihr zum Beispiel das Regal mit den Neuerscheinungen im Eingangsbereich des Idea Stores…
Überall gibt es Sessel und andere bequeme Sitzgelegenheiten, so dass man sich dort wirklich gerne aufhalten möchte. Die fünf Etagen sind dementsprechend gut besucht. Darüber hinaus fallen immer wieder Details in der Präsentation auf, welche denke ich zur innovativ-verspielten Grundatmosphäre im Idea Store beitragen sollen. Zum Beispiel kommt man in der Nähe der Ausleihtheke an den Quick Picks vorbei…
An anderer Stelle wird einem ausgesuchte Literatur zu Themenschwerpunkten in der Rubrik “Idea choice” vorgeschlagen…
Weitere Fotos zum Haus gibt es übrigens hier. Nebenbei bemerkt würde mich mal interessieren, ob der Name “Idea Store” auch bei den Nutzern der Einrichtung im aktiven Sprachgebrauch angekommen ist und wie hoch der Anteil der Leute ist, die trotzdem von der “library” um die Ecke sprechen. Der Begriff “library” taucht zwar auf der Webseite der Idea Stores auf, vor Ort habe ich ihn aber an keiner Stelle erwähnt gesehen.
Dass die vielen Gruppenarbeitsräume auf den verschiedenen Stockwerken häufig benutzt werden, kann man sich bei einem Blick auf das Kursangebot des Idea Stores wirklich gut vorstellen. Falls man auf der Suche nach einem Kurs zu einem speziellen Thema ist, hilft auch die sogenannte Learning Ladder weiter, die sämtliche Veranstaltungen an allen Standorten auflistet. Allerdings zeigten dabei einige Stichproben, dass viele der Kurse kostenpflichtig sind und nur einige ohne Teilnahmegebühr auskommen, wie man es eigentlich erwarten würde. Zusätzlich zu diesen eher volkshochschulartigen Kursen bieten die einzelnen Idea Stores aber noch eine ganze Reihe von Veranstaltungen an, die sich eher mit ihren Beständen auseinandersetzen und scheinbar auch durchweg kostenfrei sind. So gehören zu den regelmäßigen Events in der Filiale Whitechapel u. a. Film- und Buchklubs, Videospielsessions, aber auch politische Diskussionen und Jobtrainings.
Insgesamt fand ich das Konzept in der Kürze der Zeit sehr anregend. Ist mal ein ganz anderer Ansatz mit der neuen Verpackung der “Idea Stores”. Ich hätte gerne noch einen Blick in die anderen Filialen geworfen, aber das muss ich mir fürs nächste Mal aufheben…
Nach den beiden Bibliotheksbesuchen blieb noch ein bisschen Zeit, um an der Themse, Big Ben und Westminster Abbey entlangzuspazieren. Dann ging es auch schon zurück zur Victoria Station. Doch bevor mein Bus Richtung Flughafen abfuhr, habe ich mir zum Abschied – was sonst – noch eine extra große Cornish Pasty gegönnt. 😉 Was für ein schönes Wochenende!
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toller text, vielen dank! das macht hungrig auf einen eigenen besuch.
Wenn ich das lese und sehe, kriege ich sofort sehnsucht nach Großbritannien und vor allem London! Danke für den tollen Bericht! Seufz!
Freut mich, dass dir der Bericht gefällt! Das war wirklich ein tolles Wochenende…. aber inzwischen schon wieder so lange her, dass ich auch gerne mal wieder dorthin fahren würde. 😉
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Ein toller Reisebericht, beim Lesen bekommt man sofort Lust einen Flug zu buchen und sich das alles selbst anzusehen. Gerade die alten Gebäude in Oxford, sehr beeindruckend, und das nur schon anhand der Fotos, ich denke es selbst zu sehen ist noch beeindruckender! Das ist mal eher etwas, was nicht so auf dem Reisezettel der meisten steht, also kein typisches touristisches Ziel, aber um so interessanter wie ich finde. Stonehenge ist ebenfalls recht beeindruckend, aber in der Realität bestimmt noch imposanter. Ein toller Bericht der Lust auf reisen macht.